Sonntag, 7. März 2010

Darf ein Buddhist Milchprodukte essen?

Auf diese Frage wurde ich zuletzt 2x gestossen und musste reagieren - obwohl, wer von uns hat sich darüber so genau schon seine Gedanken gemacht? Beide Frager waren junge Menschen welche sich für den Buddhismus interessiert haben und Ethik noch als etwas sehr wichtiges ansehen - ja es gibt auch genug (ZEN-)Buddhisten, welche es genau anders sehen ...

Aus buddhistischer Sicht ist das mit dem Fleischkonsum hoffentlich den meisten Buddhisten klar ... ein Buddhist sollte eben nicht dazu beitragen, dass Tiere leiden, gequält und getötet werden - aber dazu komme ich noch ein anderes Mal zurück.

Aber zu Milch- und Milchprodukte hat Buddha (meines Wissens) nie ein Verbot oder eine sehr restrikte Regelung ausgesprochen. Ja es war ja auch gar nicht nötig in seiner kulturellen Tradition, wo die Milch von heiligen Kühen kam, diese Tiere geachtet, respektiert und gepflegt wurden, sie so viel Milch gaben, wie es eben "natürlich" möglich war.

Ja, dann geht ein Buddhist heute in Deutschland in den Supermarkt, kauft sich einen Käse und isst ihn ... hoffentlich mit Genuss und ohne neues (negatives) Karma auf zu häufen!?
Woher weiss derjenige denn, wo die Milch zu seinem Käse herkommt und wie es der Kuh geht, die die Milch dazu gegeben hat?
Bei vielen wird es einfach so sein, dass ihre Milch von Kühen kommt:
  • Die meist kein Tageslicht mehr zu sehen bekommen,
  • die nie mehr auf einer saftigen grünen Wiese stehen dürfen,
  • die nur noch unnatürliches Trockenfutter, häufig noch mit Leichenbestandteilen erhalten (siehe BSE...),
  • die völllig überzüchtet sind  und unter der Last des Euters kaum noch stehen können, die dadurch Schäden der Wirbelsäule und der Gelenke bekommen,
  • die ständig Euterentzündungen haben, welche mit Medikamenten behandelt werden und du so dein Antibiotika gleich in der Milch bekommst,
  • die unter der Last ihres Euters nie mehr richtig über eine Wiese laufen könnten,
  • die unter der Last ihres Euters mehr liegen als stehen oder gar am Liegen gehindert werden, weil sie dann nicht mehr aufstehen können,
  • Kühe, die geschlagen werden oder mit Elektroschockern bearbeitet,
  • Kühe, die weite leidvolle Transporte im Lkw über sich ergehen lassen müssen,
  • Kühe die im Schlachthof noch einmal richtig gequält werden, weil sie sich nicht freiwillig töten lassen wollen und dann noch der Bolzenschuss in den Kopf ...
Tja, das hatte Buddha damals in Indien so nicht erleben dürfen, was denkt ihr, was er dazu gesagt hätte?

Als Mensch muss ich nun sagen, dass ich jedem Buddhisten, der von so einer Kuh noch etwas isst wünsche, dass ihm sein Käse im Halse stecken bleibt und er seine karmische "Schuld" damit sofort ausgleichen darf ...

Gibt es wirklich noch irgendwelche intelligenten Buddhisten, die wirklich meinen, dass obige Ursachen keine Wirkungen (bei ihnen und anderen) zeigen werden? Um das karmische Gesetz kann sich hier niemand wirklich "drücken" und etwas nicht zu wissen, befreit einem Buddhisten nicht vom Karma, denn sein Vergehen liegt eben genau darin, sich nicht informiert zu haben oder sich gar nicht informieren zu wollen!

Ich weiss von welchem Biobauer um die Ecke meine Milch kommt und dort kann ich meine Kühe besichtigen und diese auch über die Weide rennen sehen, es sind Kühe, welche noch ein "gutes" Leben führen, natürlich ernährt werden, welche kaum leiden. Es mag ethisch nicht das Maximum sein, so mit Tieren um zu gehen, aber für den Westen ist damit schon viel erreicht. Tja und wenn meine Liebste mal Butter oder ähnliches im Supermarkt kauft, dann achtet sie mal ganz genau darauf wo dies herkommt und, dass sie auch diese Tiere hat schon auf der Weide stehen sehen ...

Wer sich informiert kann viel erreichen und Buddhisten haben die Pflicht informiert zu sein, denn nur durch ausreichende Information kann achtsames Handeln überhaupt zu "richtigem" Handeln führen (Handeln das weniger Leid verursacht!). Sonst bilden wir uns alle ein, aus besseren Motiven zu handeln und machen damit doch nur alles viel schlimmer - genau auf diesem Zug sind unsere "Wellness-Buddhisten" im Westen.

Zum Abschluss zitiere ich einmal den ZEN-Meister und offiziellen Soto-Beauftragten für Deutschland,  Fumon S. Nakagawa, aus seinem Buch "Zen, weil wir Menschen sind":

"Wenn 1 Mio Menschen sagen: Ohne mich! und keinen FCKW-Kühlschrank, keinen Teppich, den Kinder geknüpft haben, mehr kaufen?
Dann geht es nicht mehr genauso weiter.
Diese gemeinsame Kraft können wir erst heute klar sehen. Deshalb ist dein konkretes Tun durchaus von wesentlicher Bedeutung."
Manchmal kommt auch noch von einem modernen ZEN-Meister ein grosses Wort ...

2 Kommentare:

  1. Hallo,

    entschuldige, dass ich unter Annonym schreibe, aber ich hab noch kein Blog-Account.

    Neulich sah ich einen Kommentar in einer dieser notorischen *Bugs & Buddhists* Diskussionen, der dem Sinn nach besagte, dass die Zerstoerung allen Lebens in der industriellen Landwirtschaft durch Chemikalien auf das Karmakonto des Bauern ginge und der Konsument nichts damit zu tun haette. Das ist vielleicht ein extremer Fall, aber ich hab doch den Eindruck, dass viele Buddhisten es vorziehen, sich in dieser Beziehung nicht zu informieren bzw. blindlings die Behauptungen der Agrarindustrie akzeptieren, dass es ja nicht anders ginge um die Welt zu ernaehren.

    Ich hab auch den Eindruck, dass bei vielen das Interesse am Buddhismus einhergeht mit einer Abneigung gegen Alles was natuerlich ist, da es in der Natur nicht immer so zugeht, wie es sich in den idealistischen Vorstellungen der Stadtbewohner darstellt.

    Das fuehrt IMHO dazu, dass der Vorsatz das Leben zu schuetzen zu einer leeren Worthuelse degeneriert, und dass sich statt dessen eine Natur- und damit Lebensfeindliche Haltung einstellt.

    Danke fuer den Hinweis auf Nakagawa. Wenn es auch solche Meinungen im Buddhismus gibt, ist vielleicht noch nicht Alles verloren.

    Dieter
    Selbstversorger

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  2. Hallo Dieter,

    ich hab's ja nicht so gern wenn hier alles Anonym posten und nicht zu ihren Texten auch stehen wollen.
    Naja, ich hänge halt mehr am Inhalt, als an der Form.
    Danke für Deinen ersten Kommentar in meinem Blog und dann noch "positiv", ja heute fallen für mich Weihnachten und Ostern, oder besser Buddhas Geburt und Tod auf einen Tag ...

    Wenn ich mal als "Insider" so beobachte, wie andere Buddhisten sich ernähren und so privat leben, dann fragt man sich, was die noch mit Buddhas Leben von Damals so gemeinsam haben.
    Das sind doch meistens nur High-Tech Bewohner dieser Erde, welche sich etwas Wellness-Buddhismus auf die Fahne schreiben. Diskutieren und Philosophieren, aber nur nicht selbst etwas für die Menschen und die Welt tun und erst recht nicht Buddhas Lehre auch mit eigenen Taten füllen - darüber reden ist ja so viel bequemer ...

    Grüsse
    michael

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